Die Vereine TIW und ABV bieten ab sofort die "Ausbildung im Verbund" für Gründer sowie KMU. Letzter weißer Fleck geschlossen.
Wolfenbüttel. Der Abend begann mit einem Überraschungsgast: Als am Donnerstag das Technische Innovationszentrum (TIW) und der Braunschweiger Verein "Ausbildungsverbund der Wirtschaftsregion" (ABV) den Startschuss ihrer neuen Kooperation bekanntgaben, stand später auch Dirk Tesch auf der Bühne. Der Geschäftsführer leitet den Möbelhof Adersheim – seit 20 Jahren die einzige Firma aus dem Landkreis Wolfenbüttel, die schon mit dem ABV zusammenarbeitet.
Gemeinsam mit seiner Personal- und Verwaltungsleiterin Katja Krella berichtete Tesch von der reibungslosen und lösungsorientierten Hilfestellung des Vereins, und das Adersheimer Duo war des Lobes voll: "Wir sind ausgesprochen dankbar für den Einsatz des ABV." Selbst in Problemfällen werde stets ein Ausweg gesucht, der für alle Beteiligten hilfreich sei. "Im Moment haben wir drei Azubis über den ABV im Hause", sagte Tesch, "aber wir würden sofort noch vier bis fünf weitere nehmen."
Da dürften den Verantwortlichen von TIW und ABV die Ohren geklungen haben, denn genau darum geht es in ihrer neuen Kooperation: Es sollen neue Ausbildungsplätze in jenen klein- und mittelständischen Betrieben geschaffen werden, die Ausbildung bislang nicht leisten können. "Wir setzen auf Synergien im Verbund", erklärte Dr. Ulrich Kühnast. Er hat den Verein vor 39 Jahren ins Leben gerufen und ist Vorstandsvorsitzender. Der ehemalige Leiter der kaufmännischen Berufsschulen in Salzgitter sagt, dass durch den ABV rund 2.000 zusätzliche Ausbildungsplätze zustande kamen.
Nur nicht in Wolfenbüttel. "Irgendwie ist uns dieser Landkreis durchgerutscht." Doch das hat nun ein Ende. Der Verein TIW agiert ab sofort als Türöffner in Stadt und Landkreis. Geschäftsführerin Carola Weitner-Kehl will mit ihrem starken Netzwerk dafür sorgen, dass sich viele Betriebe für die neuen Möglichkeiten interessieren. TIW-Vorstandsvorsitzender Prof.Dr. Wolf-Rüdiger Umbach unterstrich in seiner Begrüßung, dass die Hilfestellung des ABV besonders interessant sei für Gründer und junge Unternehmer in Wolfenbüttel, "also genau die Zielgruppe, der das TIW satzungsgemäß eng verpflichtet ist – der Ausbildungsverbund ist eine wunderbare zusätzliche Maßnahme, die wir gerne unterstützen".
Tatsächlich ist das ein großes Plus im Angebot des Braunschweiger Vereins: Gründer und kleinere Firmen können sich weiterhin auf ihr Kerngeschäft konzentrieren, auch wenn sie in die Ausbildung einsteigen. Denn daraus macht Dr. Kühnast keinen Hehl: "Die Rahmenbedingungen für Ausbildung sind in Deutschland seit Jahren stark bürokratisiert." Da hilft der ABV: Er sucht nicht nur passenden Nachwuchs für offene Lehrstellen, er schließt den Ausbildungsvertrag mit den Azubis, er bereitet sie auf Prüfungen vor und hält auch Kontakt zu Kammern, Berufsschulen und macht vieles mehr.
Mit großer Empathie berichteten Joanna Nawrocka und Christiane Horn von den ABV-Geschäftsstellen in Braunschweig und Magdeburg von ihren Erfahrungen, gerade mit den Problemfällen, über die auch Dirk Tesch gesprochen hatte. "Ob guter oder schlechter Schüler – jeder hat ein Potenzial, das man herausfinden muss", warben sie dafür, junge Menschen nicht nur über Zeugnisnoten zu definieren. Die hohe Quote von Ausbildungsabsolventen und von Übernahmen in die Betriebe spreche für die enge Begleitung der Lehrlinge durch den ABV. "Aus gutem Grund bieten wir im Vorfeld auch die Möglichkeit von Praktika oder Probearbeiten an."
Dr. Kühnast unterstrich, dass die Hilfen des Vereins für die Jugend weit über die Lehrinhalte hinaus gehen: "Unser Azubi-Knigge beschäftigt sich zum Beispiel mit Umgangsformen, mit dem richtigen Verhalten in social media und auch mit mentaler Gesundheit." Legendär ist die Theatergruppe, die unter professioneller Leitung eines Schauspielers arbeitet. Dabei geht es nicht um echte Bühnenauftritte, sondern um die Selbstdarstellung der jungen Menschen in kniffligen Situationen. Übrigens ist das Altersspektrum der Auszubildenden enorm: Im Kern von 16 bis 27 Jahren, es wurden aber auch schon Ältere bis 37 Jahre vermittelt: "Wir haben gemerkt, dass gerade die Gruppe der Studienabbrecher viele hochmotivierte Kandidaten für Lehrberufe beinhaltet." Die Geschäftsstelle des ABV ist erreichbar unter 0531/70 129-0.
Carola Weitner-Kehl war am Ende des Abend sehr zufrieden. "Wir hatten zwar nur zwei Dutzend Besucher, doch die waren allesamt ausgesprochen interessiert." Es gab mehrere Firmenvertreter, aber auch Verantwortliche von verschiedenen Jugendgruppen, die auf Vermittlung warten. Diese losen Ende gilt es nun zu verknüpfen. "Es wurde über gemeinsame Probleme gesprochen und erste Lösungsansätze angegangen", freute sich die TIW-Geschäftsführerin. "Die Ausbeute ist jetzt schon stark – es war ein ergiebiger Abend."