Am Exer fand jetzt der 11. Wolfenbütteler Jungunternehmerabend statt – mit überraschendem Ergebnis.
Und am Ende funktionierte auch das, was Prof. Dr. Wolf-Rüdiger Umbach in seiner Begrüßung angekündigt hatte: "Wir wollen den Gründern mit unserer Veranstaltung eine Plattform bieten, sich bekannt zu machen. Es sollen aber auch erste Kontakte entstehen und sich Geschäftsbeziehungen anbahnen." Diesem Ziel haben sich die drei Gastgeber seit 13 Jahren verschrieben: Das Technische Innovationszentrum (TIW), dessen Vorsitzender Umbach ist, die Wirtschaftsförderung Wolfenbüttel mit Jonas Münzebrock sowie Regio-Press, die Agentur für Öffentlichkeitsarbeit mit ihrem Geschäftsführer Frank Wöstmann.
Die Mischung der Firmen war in diesem Jahr so bunt wie lange nicht. Das liegt nicht an den Organisatoren, wie TIW-Geschäftsführerin Carola Weitner-Kehl erklärte. "Wir sind davon anhängig, wer in letzter Zeit gegründet hat und wer von diesen sich auch öffentlich zeigen will." Diesmal also gingen acht an den Start – sechs von ihnen gleichzeitig in den Wettbewerb um den Titel "Gründer des Abends". Dieses Votum bleibt den Besuchern vorbehalten. Erstmals war die Entscheidung verknüpft mit einem Scheck der Wolfenbütteler Volksbank über 500 Euro.
Zwei Referentinnen liefen quasi außer Konkurrenz, weil es sich nur im weitesten Sinne um Gründungen handelte. Das Paritätische Jugendwerk hat sein Landesbüro kürzlich an den Exer verlegt. Bildungsreferentin Natascha Samp lieferte einen engagierten Vortrag und brach eine Lanze für die offene Jugendarbeit. Mit ihrer Kampagne "BÄM" (Begegnen, Ärmel hoch, Mitmachen) trat sie nach eigenen Angaben sogar schon mal im Bundestag auf. Über das Lukas-Werk berichtete Jessica Konik, die Leiterin der Fachambulanz. Als die Zentrale in der Innenstadt kürzlich ausbrannte, fand sich unter dem Dach des TIW eine schnelle Lösung. "Diese Räume waren und sind für mich bis heute ein Glücksmoment."
Über ihre Glücksmomente der Geschäftsgründung berichteten dann auch die Jungunternehmer. Dr. Laila Al-Halabi-Frenzel erzählte als Geschäftsführerin, wie in Braunschweig Firma Abcalis entstand. Seit vier Jahren forscht diese Uni-Ausgründung auf dem Gebiet der Antikörper – mit dem erklärten Ziel, auf einem neuen Weg das Leben von tausenden Labormäusen zu erhalten, die bislang für die Forschung getötet werden müssen.
Heiko Küppers berichtete, wie er in Halchter die Bowling Base errichtet hat – mit bemerkenswertem Stehvermögen und gegen eine Reihe von Widrigkeiten. "Heute steht hier Deutschlands modernstes Bowling-Center", betonte er. Insgesamt investierte er drei Millionen Euro, die dazugehörige Veranstaltungshalle soll in Kürze öffnen. Nebenbei: Beim Wettbewerb um den Titel "Nachhaltigste Bowlingbahn Deutschlands" befindet sich Küppers in der Finalrunde.
Ein innovatives Beleuchtungssystem für Fahrstuhlschächte, Tunnel, Türme, Treppenhäuser und Windkraftanlage produziert und vertreibt die Firma Switch. Dr. Florian Steinmann erzählte spannend, wie er durch Zufall vom Siemens-Angestellten in die Selbständigkeit gelangte: "Meine Partner von Realkapital Mittelstand aus Braunschweig haben mich bei der Übernahme von Switch in Hannover perfekt unterstützt." Seiner Meinung nach bedeutet eine Gründung die berufliche Änderung von Langeweile in Leidenschaft.
Aus Wittmar war Gründer Yann Hasselbach angereist. Der junge Mann begann 2019 am Rand der Asse mit der Produktion von Naturgetränken, Kirschwein und Most. Mittlerweile ist er Betreiber der bekannten Assewirtschaft, erntet mit Partnern viele Streuobstwiesen der Region und hat sein Vertriebsnetz bis nach Berlin ausgebaut. Der Kirschwein ist inzwischen passé. "Aber unseren Cidre und unseren Ingwer-Likör kann man jetzt in vielen Szene-Läden der Hauptstadt trinken."
Gleich einen Mehrfachnutzen hat die Gründung von Dr. Carsten Reuse im Blick. Mit seiner Firma Algaeplant baute der Biochemiker einen Bio-Reaktor, in dem Mikroalgen arbeiten. "Sie können einerseits Kohlendioxid binden und verarbeiten, andererseits vielfach nutzbaren Farbstoff herstellen", berichtete er. Mittlerweile hat die Firma ein Gründungsstipendium gewonnen und Großes vor: "Unsere Biologische Abgasreinigung ist für alle Firmen interessant."
Obwohl in diesem Jahr gleich die Hälfte der Vorträge von promoviertem Personal gehalten wurde, eroberte die Herzen der Zuhörer doch ein anderer: "Gründer des Abends" wurde Henrik Hadam. Der 22-jährige Dachdecker bekam erst kürzlich seinen Meisterbrief ausgehändigt – vom Lehrling zur eigenen Firma in Rekordzeit. Als Neumieter am Exer konnte er schon eine Reihe erfolgreich bewältigter Aufträge vorweisen, die er über den Beamer zeigte. "Mein Umsatzziel habe ich schon nach zwei Monaten erreicht", erzählte der junge Meister, der bereits zwei Mitarbeiter beschäftigt. "Das Langwierigste bei der Gründung war das Warten auf die erforderlichen Formulare."
Hadam errang den Titel an diesem Abend mit deutlichem Vorsprung. Neben der sorgfältigen Vorbereitung seiner Gründung dürfte ihm sein bodenständiges, authentisches Auftreten viel Sympathie eingebracht haben. Den Sieger-Scheck über 500 Euro überreichte Jennifer Böhmer von der Volksbank Wolfenbüttel. Beim anschließenden Visitenkarten-Tauschplausch wurden erste Kontakte geknüpft, bei einer Tombola gab es zehn Preise, die in erster Linie von den Gründerteams gestiftet worden waren.